zur Startseite
Kurz Gebratenes
An dieser Stelle finden Sie interessante Literatur rund ums Büchermachen und Lesen kurz vorgestellt.

Charles Dantzig, Wozu lesen?

Der Titel stellt eine Frage, die wohl jede Leserin und jeder Leser ein wenig anders für sich beantworten wird. Charles Dantzig, französischer Schriftsteller und zugleich Lektor im Verlag Grasset, findet daher naturgemäß gleich mehrere Antworten.
Die in diesem Büchlein mit rotem Leineneinband und aufgeklebten Titelschild versammelten siebenundsiebzig Essays sind eine persönliche Liebeserklärung an das Lesen. Es finden sich darunter Kindheitserinnerungen und Lektüreerfahrungen ebenso wie Gedanken über Schriftsteller, Buchhandlungen oder das Lesen im Flugzeug. Dabei mangelt es dem Autor nicht an Selbsterkenntnis, wenn er zum Beispiel schreibt, dass „wir lesen, um bei anderen die Schwächen zu finden, die wir an uns selbst nicht sehen wollen“. Dantzig schreckt auch nicht vor Kritik an bekannten Klassikern oder aktuellen Bestsellern wie „Biss zum Morgengrauen“ zurück. Die kurzen Texte sind unterhaltsam und eignen sich gut als Lesestoff für zwischendurch. Zuweilen wird man jedoch das Gefühl nicht los, dass der Autor ein wenig mit seiner intellektuell anspruchsvollen Lektüre kokettiert.
Insgesamt eine wundervolle Essaysammlung mit amüsanten und klugen Gedanken über das Lesen, die man immer wieder gerne zur Hand nimmt.
(Dominique Conrad)

207 S., geb.
Steidl Verlag, Göttingen 2011.
ISBN 978-3-86930-366-6
EUR 16,00.

Lane Smith, It’s a Book

Ein Affe, ein Esel, bunte Illustrationen und wenig Text. Auf den ersten Blick scheint es ein nettes Kinderbuch zu sein, auf den zweiten Blick jedoch eher ein Bilderbuch für große Bücherliebhaber – und ein Plädoyer für das gedruckte Buch.
Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein Esel und ein Affe sitzen beisammen. Der Esel, man könnte ihn als Digital-Native bezeichnen, beobachtet den Affen beim Lesen eines gedruckten Buchs. Ein unbekanntes Medium für den Esel, das viele Fragen aufwirft, von „Wie scrollt man runter?“ bis „Braucht man ein Passwort?“ Die Antwort des Affen lautet stets „Nein, es ist ein Buch“. Schließlich zieht das gedruckte Buch auch den Esel in seinen Bann. Wirklich verstehen kann er dieses Medium dennoch nicht.
Ein witziges Bilderbuch zum aktuellen Thema Print versus Digital.

32 S., geb.
Roaring Book Press, New York 2010.
ISBN 978-1-59643-606-0
USD 12,99.

Ron Heussen, Anne Mikus, Farid Rivas Michel, Das geheime Leben der Bücher vor dem Erscheinen

Dieses Buch über die Entstehung von Büchern kann der kleine wie auch der große Leser im wahrsten Sinne des Wortes be-greifen. Bereits der Einband offenbart beim Auflegen warmer Hände eine kleine Überraschung. Im Buchrücken klafft eine Lücke – mit Absicht, denn durch diese ist die Fadenheftung des Buches zu erkennen. Zudem sind zwei Papiersorten verarbeitet, sodass man den Unterschied zwischen Natur- und Bilderdruckpapier sehen und ertasten kann.
In kurzen Texten erklärt die Autorin Anne Mikus, wie aus einem Manuskript ein fertiges Buch wird. Hier erfahren Grundschulkinder, was der Vorsatz ist, warum es einen Schmutztitel gibt und wie ein Impressum aufgebaut ist. Autorin, Illustrator, Typograf, Verleger, Herstellerin, Drucker und Buchbinder stellen den kleinen Lesern ihre Aufgaben und die Besonderheiten ihrer Arbeit vor.
Die fantasievollen Illustrationen von Farid Rivas Michel machen Lust immer wieder in diesem Buch zu blättern und neue Details zu entdecken. Der dritte im Autorenteam ist der Typograf Ron Heussen und es wundert nicht, dass bei einem Buch aus einem Fachverlag für Typografie, Grafikdesign und Kreativität ein Schnellkurs Typografie nicht fehlen darf.
Ein wundervolles Buch - nicht nur für Kinder.
(Dominique Conrad)

96 S., geb.
Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2010.
ISBN 978-3-87439-764-3
EUR 29,80.

Detlef Bluhm, Von Autoren, Büchern und Piraten – Kleine Geschichte der Buchkultur

Die Buchkultur kann in Europa auf eine 3500-jährige Geschichte zurückblicken. Von dieser Geschichte voller Veränderungen und Entwicklungen erzählt Detlef Bluhm, der als Buchhändler, Verlagsvertreter und Verleger arbeitete und seit 1992 Geschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Berlin/Brandenburg ist.
Jedem Zeitalter ist ein Kapitel gewidmet; von der Antike und dem Mittelalter über die Renaissance und die Zeit der Reformation bis hin zur Buchkultur im 19. und 20. Jahrhundert. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der gegenwärtigen Situation und wagt einen Blick in die Zukunft.
Das klingt zunächst nach einem trockenen Werk der Buchwissenschaft. Doch wie schon der Titel vermuten lässt, ist dem nicht so. Tatsächlich weiß Bluhm, Geschichtsdaten und Fakten verständlich darzustellen. Auch die biografische Einflechtung verschiedener Personen aus den jeweiligen Epochen macht diese Buchgeschichte anschaulich.
Besonders interessant ist, dass immer wieder Vergangenheit und Gegenwart miteinander verknüpft werden. So ziehen sich einige Themen wie ein roter Faden durch diese Chronik und verdeutlichen, dass die Buchkultur und der Buchhandel damals wie heute vor ähnlichen Problemen und Herausforderungen stehen. Dazu gehören vor allem der Schutz des geistigen Eigentums und bedeutende technische Entwicklungen.
Eine verständliche Buchgeschichte, die besonders wegen ihrer aktuellen Bezugspunkte lesenswert ist. Einzig das fehlende Register ist zu beklagen.
(Dominique Conrad)

268 S., geb.
Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf 2009.
ISBN 978-3-538-07285-5
EUR 18,00

Arnt Birkedal, Die Bibliothek auf dem Klo

Im Vorsatz dieses Buches bleibe ich erst einmal hängen. Viele seltsame, sparsam gezeichnete Symbole: Waschmaschinen, Pfeile, eine fliegende Katze, Fische. Darüber: „Grobe Kurzfassung der Geschichte bis Seite 45, weiter im Nachsatz.“ Auch dieser, den ich natürlich sofort aufschlage, verwirrt. Also wieder vorgeblättert und flugs mit dem Lesen begonnen:
Eine unappetitliche Toilette in einem unbeheizten Keller ist der Ausgangspunkt der Geschichte. Der Ich-Erzähler will einfach nur in Ruhe auf dem Klo lesen - trotz der ungeduldigen Ermahnungen seiner Eltern. Die zündende Idee: Ein beheiztes und vor allem eigenes Klo. Nach der Arbeit der Sanitärinstallateure umgibt er den kleinen Raum rundherum mit Bücherregalen. Seine Fantasie, beflügelt von der Lektüre, baut immer mehr Zimmer an; so wird die kleine Kammer zum großen Universum der Literatur. Natürlich liegt der Ich-Erzähler bei alldem in Wirklichkeit auf dem Bett und entwirft seine (T)Räume.
Wer den Zauber des Lesens auf der Toilette kennt, so wie der norwegische Autor Arnt Birkedal, dem sei dieses Büchlein als Klolektüre empfohlen: klein, leicht und in kurzen Abschnittshäppchen.

80 S., geb.
Onkel & Onkel, Berlin 2009
ISBN 978-940029-46-1
EUR 14,90

Michel Clement/Eva Blömeke/Frank Sambeth (Hrsg.), Ökonomie der Buchindustrie. Herausforderungen in der Buchbranche erfolgreich managen

Wer Herausforderungen liebt, ist in der Buchbranche derzeit genau richtig. In „Ökonomie der Buchindustrie“ beleuchten Hochschuldozenten, Praktiker und Fachjournalisten die rasanten Entwicklungen, denen sich Verlage, Autoren und Handel jetzt stellen müssen. Wohl dem, der gut vorbereitet ist…
Der Verlagsberater Andreas Meyer fragt zum Beispiel: Wenn Verlage in Zeiten des E-Books keine anderen Marken haben als ihre Autoren, wofür brauchen die Schriftsteller sie dann überhaupt noch? Da fällt uns natürlich so einiges ein, aber ein bisschen ins Grübeln geraten wir schon, wenn Meyer herausstellt, dass nur wenige erfolgreiche Verlagsmarken existieren und er der Branche in diesem Fach ein schlechtes Zeugnis ausstellt.
Aber E-Book und Web 2.0 eröffnen auch Chancen, wie vor allem Christian Damke (Random House) in seiner Analyse der neuen Technologien betont.
Ein nicht minder drängendes Thema: Angesichts steigender Kosten und engerer Margen werden Preisschwellen in der Branche heiß diskutiert. Dominik Papies, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing und Medienmanagement in Hamburg, trägt Studien zusammen, die auf eine hohe Preissensibilität der Buchkäufer hinweisen.
Weitere Themen sind die Chancen des Print-on-Demand, Online-Vertrieb physischer und digitaler Bücher, Verschiebungen in der Wertschöpfungskette durch E-Books, Erweiterung des Produktportfolios von Verlagen und eine Analyse der Branche in Zahlen. Eine lohnenswerte Lektüre insbesondere für Entscheidungsträger in Verlagen. Ach ja, im Übrigen ist dieses Buch auch als E-Book erhältlich...

300 S., kart.
Gabler Verlag, Wiesbaden 2009.
ISBN 978-3-8349-1172-8
49,90 Euro.

Umberto Eco, Die Kunst des Bücherliebens

Was unterscheidet den Bibliomanen vom Bibliophilen? Was sagen Sie auf die Frage: „So viele Bücher. Haben Sie die alle gelesen?“ Und warum steigen die Preise im Antiquariat schneller als die alter Möbel oder Juwelen?
Diese und ähnliche Fragen streift Umberto Eco in den Vorträgen und Essays, die der Hanser Verlag für „Die Kunst des Bücherliebens“ zusammengestellt hat. Er schöpft – ohne je ins Anekdotische abzuschweifen – aus seinen Erfahrungen als Sammler, zum Beispiel aus der vergnüglichen Lektüre in Antiquariatskatalogen. In der Abteilung „Varia et Curiosa“ hat er die abstrusesten Bücher entdeckt, von Gelehrten, die noch im 19. Jahrhundert partout die Erde als Mittelpunkt des Universums sehen wollten, von einem Wirrkopf, der im Ersten Weltkrieg die Ergebnisse französischer und deutscher Darmtätigkeit vergleicht, und anderen Vertretern solitärer Meinungen.
Über heutige Autoren, die ihm ähnliche, in Zuschussverlagen publizierte Phantastereien zuschicken, äußert sich Eco mit milder Häme. Das Aussterben solcher Publikationen würde ihn wohl nicht sehr schmerzen, auch wenn seine Sorge um die Zukunft des Buches immer mitschwingt. Eco liebt Bücher – und bekennt unverblümt: „Aus Liebe zu einem schönen Buch ist man bereit zu jeder Gemeinheit.“

197 S., geb.
Hanser Verlag, München 2009.
ISBN 978-3-446-23293-8
17,90 Euro.

Margit Krenn/Christoph Winterer, Mit Pinsel und Federkiel. Geschichte der mittelalterlichen Buchmalerei

Ach ja, damals, vor dem 12. Jahrhundert, als Pricing noch keine Rolle spielte und Controlling unbekannt war: Prachthandschriften aus Pergament neugeborener Lämmer, geschrieben mit Silbertinte, illuminiert von den besten Malern, verzierte Metallbeschläge auf dem Ledereinband. Wer da beim Blättern in dem gut illustrierten Band von Krenn und Winterer nicht große runde Augen bekommt…
Bei eingehender Lektüre erfährt man vieles über Stilentwicklung, mittelalterliche Buchtypen, die Anfänge der Volksliteratur, das Klosterleben und Schreiberwerkstätten. Auch dem Kenner wird etwas Neues geboten. Viele der abgebildeten Werke liegen in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt und wurden eigens für diesen Band fotografiert.
Die Verbreitung der so prächtigen mittelalterlichen Bücher war beklagenswert gering, bis im 12. Jahrhundert Buchhändler, Lohnschreiber und Auftragsmaler langsam anfingen mit Blick auf den Markt zu produzieren. Sie setzten damit eine Entwicklung in Gang, die bis zu unserer so bunten wie selbstbewussten Buchbranche von heute führte. Doch bis dahin war es noch weit; bekanntlich wird die Geschichte der Buchherstellung zunächst in Mainz fortgeschrieben. Ich empfehle daher nach dieser Lektüre über mittelalterliche Kodices und Künstler, Mönche und Miniaturen einen Besuch im dortigen Gutenberg-Museum.

160 S., 90 Farbabb., geb.
Primus Verlag, Darmstadt 2009.
ISBN 978-3-89678-648-7
39,90 Euro.

Hanns-Josef Ortheil, Lesehunger. Ein Bücher-Menu in 12 Gängen

Lesehunger
Hanns-Josef Ortheil ist ein "wilder Leser". In "Lesehunger" lässt er uns – nachdem er sich selbst diesem Typus zugeordnet hat – an der Ausbeute seines ungehemmten Lektüretriebs teilhaben. Er liest einer fiktiven Besucherin einige seiner persönlichen "Lektüre-Notate" vor, schwärmt vom Lesen im Garten, im ICE, beim Kochen, über Herbstgedichte, Gartenliteratur, Suppenkochbücher. Kaum ein Genre lässt er in seinem Querschnitt aus.
Die Empfehlungen des Kapitels "Lektüren für junge Schreiber" stehen jenseits der üblichen Ratgeber für Autoren, denn literarisches Schreiben ist für Ortheil das Ergebnis einer "biographischen Suche", die sich nicht in Ratgeber pressen lässt. Übrigens verweist Ortheil, der in Hildesheim eine Professur für Kreatives Schreiben innehat, auf ein eigenes Buch zu diesem Thema, das er "in baldiger Zukunft" veröffentlichen wolle.
Gerne möchte man sich noch mehr anregende Notate vorlesen lassen. Doch haben wir ja inzwischen – welchem der drei Ortheilschen Lesertypen wir auch immer angehören – selbst Appetit bekommen:
Der "essentielle Leser" wird sich viele Titel für das gründliche Lesen vormerken, der "Kombinierer" einige davon je nach Stimmung kaufen und lesen. Der "wilde Leser" aber steht schon längst mit einer Liste der Titel, die er unbedingt haben muss, in der nächsten Buchhandlung.

200 S., kart.
Luchterhand Literaturverlag, München 2009.
ISBN 978-3-630-62153-1
8,00 Euro.

KeinBuch - 86 Dinge, die du schon immer mit einem Buch tun wolltest, aber nie durftest

KeinBuch
Eselsohren, Randnotizen und Wasserflecken - wer so mit einem Buch umgeht, wird nicht selten als Kulturbanause abgestempelt. Zugegeben, manches Buch mit aufwendiger Ausstattung ist dafür auch viel zu schade. Möchte man dennoch seine Kreativität ausleben, bietet sich dieses Buch an, das laut Titel allerdings keines ist.
Schon der Wunsch, man möchte KeinBuch bestellen, dürfte so manchen Buchhändler irritieren. 68 Tipps regen dazu an, dieses Buch zu "benutzen" und Spuren des Lebens zu hinterlassen: Vom Zeichnen eines Daumenkinos in die Buchecken über den Vorschlag, es eine Nacht in den Gefrierschrank zu legen, bis zum Einbrennen von Löchern mittels einer Lupe. Die Umsetzung der Vorschläge durch andere Leser werden in kurzen Videos im Internet unter www.keinbuch.com gezeigt.
Die Illustrationen und grafische Gestaltung in Schwarz-Weiß ist fantasievoll und durchweg gelungen, sodass es fast schon schade ist, die beschriebenen Tipps an KeinBuch auszuprobieren. Ein amüsantes Buch für Leser und Nichtleser. (DC)

176 S., s/w-Illustrationen, kart.
mixtvision Verlag, München 2009.
ISBN 978-3-939435-18-1
9,95 Euro.